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30.11. - 03.02.1996 - Weihnachtsausstellung Schwanthaler-Krippen

Die diesjährige Weihnachtsausstellung im MUSEUM Innviertler Volkskundehaus könnte man unter dem Schlagwort „Familienzusammenführung“ subsumieren. Anläßlich des 200. Todestages von Johann Peter dem Älteren Schwanthaler werden hier Werke all jener Mitglieder der berühmten Bildhauerfamilie zu sehen sein, die sich mit dem Thema „Krippe“ beschäftigt haben.

Die Geschichte der „Schwanthaler-Krippen“ beginnt mit den Dreikönigsgruppen , die Thomas Schwanthaler für den Hochaltar der Pfarrkirche von Zell am Pettenfirst (1667) und jenen der Gmundner Stadtpfarrkirche (1678) geschaffen hat. Diesem Meister schreibt man auch ein kleines Relief der Ruhe auf der Flucht nach Ägypten zu, das sich heute im Stift St. Florian befindet. Das ungefaßte Birnholzrelief ist ein schönes Beispiel für Thomas’ Spätstil, der an den etwas breit hingesetzten Figuren, der beruhigten Faltengebung und den zausigen Locken der Engel deutlich wird. Die streng in der Diagonale komponierte Figurengruppe zeigt im Zentrum die stillende Muttergottes, über die sich behütend der bärtige hl. Josef beugt. 

Von der großfigurigen Rieder Kirchenkrippe sind leider nur noch wenige Reste erhalten.

Das Krippenschaffen Johann Franz Schwanthalers ist lediglich durch mehrere, ihm zuge­schriebene Entwurfzeichnungen gesichert, die sich heute in Memminger Privatbesitz befinden. Eine Notiz auf einem der Blätter weist darauf hin, daß es sich um Entwürfe für eine Krippe für Taiskirchen handeln könnte.

Wie aus einer Kirchenrechnung hervorgeht, hat Johann Peter d.Ä. 1752 für die Wallfahrtskirche von St. Marienkrichen am Hausruck eine 37 Figuren umfassende Weihnachtskrippe geschaffen, die aber leider nicht auf uns gekommen ist.

Mit dem von der neueren Forschung Johann Peter d.Ä. zugeschriebenen Pramer Krippenwerk erreicht das Krippenschaffen der Schwanthaler seine höchste und qualitätvollste Ausprägung. Die sechs Hauptgruppen stellte man, entsprechend der zeitlichen Abfolge im Kirchenjahr, in dem noch erhaltenen, mit 1770 datierten Glasschrein auf: die „Anbetung der Hirten“ am 24. Dezember, den „Bethlehemitischen Kindermord“ am 28. Dezember (oder aber erst nach dem 6. Jänner), die „Beschneidung Christi“ am Fest der Namensgebung Jesu (3. Jänner), die„Anbetung der Könige“ am 6. Jänner; es folgte schließlich die „Flucht nach Ägypten“ und den Abschluß bildete am 18. Jänner die nicht mehr zur Kindheitsgeschichte gehörende „Hochzeit zu Kana“, der die Gruppe von Musikanten beigefügt wurde.

Aufgrund des großen Arbeitsumfanges ist anzunehmen, daß die Vollendung dieses Werkes mehrere Jahre in Anspruch genommen hat und daß auch andere Familienmitglieder und Gesellen mitgearbeitet haben. Wie der Feinschnitt verrät, wurde von vornherein auf eine farbige Fassung verzichtet. Die oft millimeterdicke Kreideschicht hätte die Konturen des feinen Schnitzwerkes nur verwischt.

Freilich boten für Künstler wie Johann Peter d.Ä. solche Krippendarstellungen eine willkommene Gelegenheit, auch profane Szenen einzubringen - eine Entwicklung, der schließlich die Josephinischen Krippenverbote der siebzehnhundertachtziger Jahre Einhalt geboten - ein Umstand, der für die Datierung des Pramer Krippenwerkes als „terminus ante quem“ bedeutsam ist. Erwähnt seien hier die überaus originellen Typen der Musikanten aus dem Pramer Krippenwerk. In diesen Bereich des von der Krippendarstellung mehr oder weniger losgelösten Genres fällt auch die Darstellung eines Hirten, der einem Wolf nacheilt, der gerade dabei ist, ein Lamm zu reißen. Diese ebenfalls Johann Peter d.Ä. zugeschriebene Darstellung befindet sich im MUSEUM Innviertler Volkskundehaus.

Als kleinformatiges Pendant zum Pramer Krippenwerk schuf Johann Peter d.Ä. 1792 - drei Jahre vor seinem Tod - im Auftrag der Rieder Goldschmiedefamilie Kögl eine bürgerliche Hauskrippe, die mit der Entstehung der Sammlungen des Museums Innviertler Volkskundehaus in Ried im Innkreis in ursächlichem Zusammenhang steht: Um den drohenden Verkauf der Krippe an einen Händler zu verhindern, gründeten Rieder Bürger im Jahr 1909 den Musealverein, der die Einrichtung eines Schwanthalermuseums zum Ziel hatte. Die damals um den stattlichen Preis von 4.000 fl. gekaufte „Kögl-Krippe“ war also das erste Stück und somit der Grundstein des heute so umfangreichen Museums. Die ebenfalls naturbelassene Darstellung zeigt ein als Bretterverschlag angedeutetes Stallgebäude, auf dessen Dach zwei Tauben sitzen; es beherbergt Maria mit dem Kind, Ochs und Esel. Neben dem Kinde sitzend, die linke Hand an die Brust gelegt, mit der Rechten das Tuch haltend, auf dem das Christuskind liegt, wendet Maria sich einem der beiden vor ihr knienden Hirten zu, woraus sich eine deutliche Dreiecks­komposition ergibt. Der heilige Josef und zwei mit ihren Schafen und Ziegen heraneilende Hirten sowie der große und der kleine Engel in der Wolkenglorie weisen alle auf das Kind in der Krippe hin. Wie beim Pramer Krippenwerk sind auch hier die Figuren fix mit der Bodenplatte verbunden - das kompositorische Zueinander der Figuren wurde vom Künstler genau festgelegt.

Johann Georg Schwanthaler, der seine Kindheit noch in Ried verbrachte, absolvierte seine Lehre bei Ignaz Mähl in Wels, heiratete dessen Tochter und ließ sich 1765 in Gmunden nieder. Die Dreikönigsgruppe seines Urahns Thomas, die Johann Georg nachgebildet hat (Stadtmuseum), und die hier bereits lebendige Krippenpflege haben ihn zu neuem Schaffen auf diesem Gebiet angeregt. Gegenüber den in der Rieder Werkstatt enstandenen „Kunstkrippen“ gibt Johann Georg Schwanthaler aber oftmals der volkstümlicheren Einzelfigurenaufstellung den Vorzug. Die enge Verbindung mit der Rieder Werkstätte beweisen weitgehende Ähnlichkeiten der Szenen des Bethlehemitischen Kindermordes und der Flucht nach Ägypten bei der Altmünsterer Kirchenkrippe und dem Pramer Krippenwerk. Weiters schuf Johann Georg Schwanthaler Kirchenkrippen für die Pfarren Obergrünburg und Kematen an der Krems, darüber hinaus zahlreiche Tiergruppen. Als seine selbständigsten Arbeiten sind die Reliefs anzusehen, die er meist signiert und datiert hat. Als Beispiel sei hier die Anbetung der Hirten aus dem Stift Schlierbach erwähnt.

 

Die Exponate für die Ausstellung stammen aus der hauseigenen Sammlung sowie aus Leihgaben der Stifte Reichersberg, St. Florian und Schlierbach, des Oö. Landesmuseums, des Münchner Stadtmuseus, der Kapellenstiftung Altötting, des Volkskunst- und Krippenmuseums Rechberger in Haslach, des Pfarramtes Pram sowie aus oberösterreichischem und Münchner Privatbesitz.

(Dr. Sieglinde Baumgartner)