Die diesjährige
Weihnachtsausstellung im MUSEUM Innviertler Volkskundehaus könnte man unter dem
Schlagwort „Familienzusammenführung“ subsumieren. Anläßlich des 200. Todestages
von Johann Peter dem Älteren Schwanthaler werden hier Werke all jener
Mitglieder der berühmten Bildhauerfamilie zu sehen sein, die sich mit dem Thema
„Krippe“ beschäftigt haben.
Die Geschichte der
„Schwanthaler-Krippen“ beginnt mit den Dreikönigsgruppen , die Thomas
Schwanthaler für den Hochaltar der Pfarrkirche von Zell am Pettenfirst (1667)
und jenen der Gmundner Stadtpfarrkirche (1678) geschaffen hat. Diesem Meister schreibt
man auch ein kleines Relief der Ruhe auf der Flucht nach Ägypten zu, das sich
heute im Stift St. Florian befindet. Das ungefaßte Birnholzrelief ist ein
schönes Beispiel für Thomas’ Spätstil, der an den etwas breit hingesetzten
Figuren, der beruhigten Faltengebung und den zausigen Locken der Engel deutlich
wird. Die streng in der Diagonale komponierte Figurengruppe zeigt im Zentrum
die stillende Muttergottes, über die sich behütend der bärtige hl. Josef
beugt.
Von der
großfigurigen Rieder Kirchenkrippe sind leider nur noch wenige Reste erhalten.
Das Krippenschaffen Johann Franz
Schwanthalers ist lediglich durch mehrere, ihm zugeschriebene
Entwurfzeichnungen gesichert, die sich heute in Memminger Privatbesitz
befinden. Eine Notiz auf einem der Blätter weist darauf hin, daß es sich um
Entwürfe für eine Krippe für Taiskirchen handeln könnte.
Wie aus einer Kirchenrechnung
hervorgeht, hat Johann Peter d.Ä. 1752 für die Wallfahrtskirche von St.
Marienkrichen am Hausruck eine 37 Figuren umfassende Weihnachtskrippe
geschaffen, die aber leider nicht auf uns gekommen ist.
Mit dem von
der neueren Forschung Johann Peter d.Ä. zugeschriebenen Pramer Krippenwerk
erreicht das Krippenschaffen der Schwanthaler seine höchste und qualitätvollste
Ausprägung. Die sechs Hauptgruppen stellte man, entsprechend der zeitlichen
Abfolge im Kirchenjahr, in dem noch erhaltenen, mit 1770 datierten Glasschrein
auf: die „Anbetung der Hirten“ am 24. Dezember, den „Bethlehemitischen
Kindermord“ am 28. Dezember (oder aber erst nach dem 6. Jänner), die
„Beschneidung Christi“ am Fest der Namensgebung Jesu (3. Jänner), die„Anbetung
der Könige“ am 6. Jänner; es folgte schließlich die „Flucht nach Ägypten“ und
den Abschluß bildete am 18. Jänner die nicht mehr zur Kindheitsgeschichte gehörende
„Hochzeit zu Kana“, der die Gruppe von Musikanten beigefügt wurde.
Aufgrund
des großen Arbeitsumfanges ist anzunehmen, daß die Vollendung dieses Werkes
mehrere Jahre in Anspruch genommen hat und daß auch andere Familienmitglieder
und Gesellen mitgearbeitet haben. Wie der Feinschnitt verrät, wurde von
vornherein auf eine farbige Fassung verzichtet. Die oft millimeterdicke
Kreideschicht hätte die Konturen des feinen Schnitzwerkes nur verwischt.
Freilich
boten für Künstler wie Johann Peter d.Ä. solche Krippendarstellungen eine
willkommene Gelegenheit, auch profane Szenen einzubringen - eine Entwicklung,
der schließlich die Josephinischen Krippenverbote der siebzehnhundertachtziger
Jahre Einhalt geboten - ein Umstand, der für die Datierung des Pramer Krippenwerkes
als „terminus ante quem“ bedeutsam ist. Erwähnt seien hier die überaus
originellen Typen der Musikanten aus dem Pramer Krippenwerk. In diesen Bereich
des von der Krippendarstellung mehr oder weniger losgelösten Genres fällt auch
die Darstellung eines Hirten, der einem Wolf nacheilt, der gerade dabei ist,
ein Lamm zu reißen. Diese ebenfalls Johann Peter d.Ä. zugeschriebene
Darstellung befindet sich im MUSEUM Innviertler Volkskundehaus.
Als
kleinformatiges Pendant zum Pramer Krippenwerk schuf Johann Peter d.Ä. 1792 -
drei Jahre vor seinem Tod - im Auftrag der Rieder Goldschmiedefamilie Kögl eine
bürgerliche Hauskrippe, die mit der Entstehung der Sammlungen des Museums
Innviertler Volkskundehaus in Ried im Innkreis in ursächlichem Zusammenhang
steht: Um den drohenden Verkauf der Krippe an einen Händler zu verhindern,
gründeten Rieder Bürger im Jahr 1909 den Musealverein, der die Einrichtung
eines Schwanthalermuseums zum Ziel hatte. Die damals um den stattlichen Preis
von 4.000 fl. gekaufte „Kögl-Krippe“ war also das erste Stück und somit der
Grundstein des heute so umfangreichen Museums. Die ebenfalls naturbelassene
Darstellung zeigt ein als Bretterverschlag angedeutetes Stallgebäude, auf
dessen Dach zwei Tauben sitzen; es beherbergt Maria mit dem Kind, Ochs und
Esel. Neben dem Kinde sitzend, die linke Hand an die Brust gelegt, mit der
Rechten das Tuch haltend, auf dem das Christuskind liegt, wendet Maria sich
einem der beiden vor ihr knienden Hirten zu, woraus sich eine deutliche
Dreieckskomposition ergibt. Der heilige Josef und zwei mit ihren Schafen und
Ziegen heraneilende Hirten sowie der große und der kleine Engel in der
Wolkenglorie weisen alle auf das Kind in der Krippe hin. Wie beim Pramer
Krippenwerk sind auch hier die Figuren fix mit der Bodenplatte verbunden - das
kompositorische Zueinander der Figuren wurde vom Künstler genau festgelegt.
Johann Georg Schwanthaler, der seine
Kindheit noch in Ried verbrachte, absolvierte seine Lehre bei Ignaz Mähl in
Wels, heiratete dessen Tochter und ließ sich 1765 in Gmunden nieder. Die
Dreikönigsgruppe seines Urahns Thomas, die Johann Georg nachgebildet hat
(Stadtmuseum), und die hier bereits lebendige Krippenpflege haben ihn zu neuem
Schaffen auf diesem Gebiet angeregt. Gegenüber den in der Rieder Werkstatt enstandenen
„Kunstkrippen“ gibt Johann Georg Schwanthaler aber oftmals der volkstümlicheren
Einzelfigurenaufstellung den Vorzug. Die enge Verbindung mit der Rieder
Werkstätte beweisen weitgehende Ähnlichkeiten der Szenen des Bethlehemitischen
Kindermordes und der Flucht nach Ägypten bei der Altmünsterer Kirchenkrippe und
dem Pramer Krippenwerk. Weiters schuf Johann Georg Schwanthaler Kirchenkrippen
für die Pfarren Obergrünburg und Kematen an der Krems, darüber hinaus
zahlreiche Tiergruppen. Als seine selbständigsten Arbeiten sind die Reliefs
anzusehen, die er meist signiert und datiert hat. Als Beispiel sei hier die
Anbetung der Hirten aus dem Stift Schlierbach erwähnt.
Die
Exponate für die Ausstellung stammen aus der hauseigenen Sammlung sowie aus
Leihgaben der Stifte Reichersberg, St. Florian und Schlierbach, des Oö.
Landesmuseums, des Münchner Stadtmuseus, der Kapellenstiftung Altötting, des
Volkskunst- und Krippenmuseums Rechberger in Haslach, des Pfarramtes Pram sowie
aus oberösterreichischem und Münchner Privatbesitz.
(Dr. Sieglinde Baumgartner)