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Charlotte Taitl, geb. Pick

* Ottnang am Hausruck | 15. Mai 1896

† KZ Auschwitz | 16. Oktober 1944

Rieder Geschäftsfrau, Ehegattin eines Lederhändlers und Mutter einer Tochter. Jüdin und getaufte Christin. Kurz nach der Feier ihrer Silberhochzeit verhaftet, getötet im KZ Auschwitz.

Charlotte Taitl wuchs im Hausruckviertel auf. Mit ihrem Mann Josef führte sie in Ried, am Roßmarkt Nr. 29, eine Lederwarenhandlung. Ab 1933 mietete die Familie im 2. Stock desselben Hauses eine Wohnung. 

Josef und Charlotte verkehrten in deutschnationalen Kreisen der Stadt, waren aktiv in Vereinen und genossen einen guten Ruf – obwohl die Frau Jüdin war. Mit dem Anschluss im März 1938 änderte sich alles. Charlotte ließ sich evangelisch taufen. Der Konfessionswechsel sollte sie vor Anfeindungen und Verfolgung schützen. Was auf sie zukommen könnte, erfuhr sie von ihrer Familie: Deren Geschäft wurde enteignet, ihr Vater beging Selbstmord, zwei Geschwister emigrierten. 

Charlotte musste sich vollkommen zurückziehen. Zur Feier ihrer Silberhochzeit im Gasthof Träger, dem Nachbarhaus, überredeten sie Bekannte. Es war der 28. August 1943. Wenige Tage später wurde sie festgenommen. Der Haftgrund lautete: „Umgang mit Deutschblütigen“. Im Jänner 1944 erfuhr die Familie von ihrer Überführung ins KZ Auschwitz. Charlotte starb in der Gaskammer – offiziell am 16. Oktober 1944, um 6 Uhr 25 Minuten an Lungenentzündung.

Ihr Mann hatte bei verschiedenen Stellen der Partei für sie interveniert. Jeder gab ihm aber zu verstehen, dass sein Einsatz ihn und vor allem seine Tochter gefährde. Er solle froh sein, keine nicht-arische Ehefrau mehr an seiner Seite zu haben.

Charlotte Taitl und 195 weiteren Todesopfern von Nationalsozialismus und Faschismus im Bezirk Ried im Innkreis ist der Lern- und Gedenkort Charlotte-Taitl-Haus gewidmet.

Quelle: Gansinger, Gottfried: Nationalsozialismus im Bezirk Ried im Innkreis – Widerstand und Verfolgung 1938-1945. Innsbruck – Wien – Bozen: Studien Verlag 20164.