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27.09. - 30.11.2002 - Volkskundliche Motive in Werken Franz Stelzhamers zum 200. Geb.Tag

 

Die Ausstellung, setzt sich vor allem mit dem epischen Werk Franz Stelzhamers auseinander, also mit den Dichtungen in obderenns’scher Volksmundart „D’ Ahnl“ und „Soldadnveda“. Das Konzept der Ausstellung basiert auf der 1993 an der Universität Passau vorgelegten Magisterarbeit von Christine Nobis zum Thema „Die Darstellung ländlichen Lebens im epischen Werk des Franz Stelzhamer“. Die volkskundlich interessanten Motive werden in die Themenkreise „Hochzeit“ – „Tod“ – „Volksglaube und Volksaberglaube“ – „Geselligkeit“ – „Musik und Tanz“ – „Tracht“ sowie „Speisen und Getränke“ eingeteilt. Erweitert wurde die Ausstellung noch um die Bereiche „Franz Stelzhamer und Ried“, „Franz Stelzhamer im Bild“ und „Stelzhamer-Souvenirs“.

 

In dem 1851 erschienenen Werk „D’ Ahnl“ wird eine große Bauernhochzeit vor mehr als 150 Jahren geschildert. Die Verbindung von zwei Menschen ist darin allerdings nicht eine Herzensangelegenheit sondern eine Vernunft- bzw. Standessache, die dem Weiterbestand des Hofes dient. Zu Beginn des Epos steht die Altbäuerin vor dem Haus und hält Ausschau nach den Hochzeitsgästen. Es werden ihre eigene Goldene und die Grüne Hochzeit ihrer Enkelin gefeiert. In der Stube wird Rosinnerl für die Hochzeit geschmückt. Für sie ist es allerdings kein freudiges Ereignis, denn sie darf nicht heiraten wen sie will sondern muss den Mann nehmen, den die Ahnl für sie ausgesucht hat. Es folgt eine „Rückblende“ zu den Ereignissen, die zu dieser „gestifteten Hochzeit“ geführt haben: Den vorangegangenen Sommer zog bei der Ernte ein schweres Gewitter auf. Die Dienstboten verlassen so schnell als möglich das Feld. Ein Blitz schlägt in eine Eiche ein, Rosinnerl wird vom Blitz gestreift und fällt ohnmächtig zu Boden. Hias, der Bama (erster Knecht, auch Stellvertreter des verstorbenen Bauern), rettet das Mädchen und erweckt es wieder zum Leben. Um die aufkeimende Liebe zu unterbinden entlässt die Ahnl den Hias und sucht, nicht ohne dies mit einer Wallfahrt (nach Mariazell) verbunden zu haben, einen standesgemäßen Bräutigam für ihre Enkelin.

Die Hochzeitsfeier wird immer wieder durch Husaren, zu denen sich Hias gesellt hat, gestört.

Um Segen zu erbitten besucht das Brautpaar das Gnadenbild der „Praminga Frau“ auf, eine Marienstatue in der Kirche zu Pramet, deren Wallfahrt bereits zu jener Zeit versiegt war: Im Bräugasthof weist der Prokurator (Hochzeitslader) den Gästen ihre Plätze zu und die ersten Gänge werden aufgetragen. Danach spricht die Ahnl das Dankgebet und eröffnet mit dem Prokurator den Tanz – es folgen die Ehren und Ehetänze. In der Zwischenzeit sind die Zechen mit ihren „Menschern“ aus den Nachbardörfern und der weiteren Umgebung eingetroffen und nehmen am Tanz teil. Rosina tanzt bereits zum zweiten Mal mit dem Bräutigam, sie tanzen immer besser, was als gutes Zeichen für die Ehe gesehen wird. Gerade als der Prokurator gegen Mitternacht die Torten auftragen lässt, drängen etwa zehn Husaren herein. Ihr Anführer – der Hias – fordert den versprochenen Tanz mit der Braut ein. Sie ziert sich und entschuldigt sich, dass sie nur den „Landlarischen“ und den „Langaus“ kenne. An der Antwort „netta zwiar ih“ erkennt sie, dass es der Hias ist. Er versucht sie zu entführen, wird aber vom Bräutigam und von anderen Hochzeitsgästen mit den Husaren in die Flucht geschlagen. Die Gäste kehren beruhigt ins Brauhaus zurück, die Ahnl lässt nun Torten und Wein auftragen und hält eine Ansprache. Das Epos endet mit der Zeremonie des Prokurators – d.h. er bedankt sich im Namen der Brautpaare, der Brauteltern und Brautführer und sagt dem „himmlischen Brautführer“ dank. Das junge Paar und die Ahnl mit dem Prokurator tanzen den letzten Ehrentanz, zum Abschluss singt der Prokurator noch „s’ Hoahzatgsang“.

 

Während in „D’ Ahnl“ eine Hochzeitsfeier geschildert wird geht es im „Soldadnveda“ vor allem um den Themenkreis Tod. Franz Stelzhamer erzählt das abenteuerliche Leben des Philipp Stelzhamer (1740-1813), der ein Bruder seines Großvaters war. Im „Soldadnveda“ überträgt er ihm den Namen Martin. Franz Stelzhamer schildert zunächst seine Kindheitserinnerungen an Martin. Von den Großeltern versucht er mehr über den Großonkel zu erfahren. Nach Martins Tod erzählt der Ähnl bei der Totenzehrung die Geschichte seines Bruders: Martin war ein lebensfroher Mensch, dem Mädchen, Spiel, Tanz und Rauferei viel mehr zusagten als harte Bauernarbeit. Als er von den Dragonern rekrutiert wurde, ging er freudig mit diesen. Viele Jahre ließ er nichts von sich hören. Man glaubte ihn lägst tot und gedachte seiner stets beim samstäglichen Rosenkranzgebet. Dennoch hatte der Ähnl immer befürchtet, dass Martin zurückkommen und sein Heiratsgut einfordern würde. Eines Tages ritt ein Soldat im weißen und blauen Waffenrock daher und stellte sich als Martin vor. Der Ähnl glaubte zuerst nicht, dass es Martin sei, da er nicht die Uniform der Dragoner trug. Erst eine Narbe, die sich Martin beim gemeinsamen Spiel zugezogen hatte, konnte ihn überzeugen. Martin erzählte ihm daraufhin seine Lebensgeschichte. Beim Tanzen hatte er die schöne Agnes aus Sulzbach im Rottal kennen gelernt, er brannte mit ihr nachts über den Inn ins kaiserliche Lager durch, wurde dort freudig aufgenommen und brachte es sogar bis zum Korporal. Zwei Kinder hatte er und wollte nun sein Heiratsgut - 50 Gulden. Schließlich einigten sich der Ähnl und Martin auf 30 Gulden und Leinwand. Gemeinsam gingen sie nach Pramet ins Gasthaus und am nächsten Morgen nach Aurolzmünster um die getilgte Schuld aus dem Grundbuch streichen zu lassen. Lange Zeit hörte man von Martin nichts. Nach den Napoleonischen Kriegen war er plötzlich wieder da, aber von Verletzungen geschwächt und sehr gealtert. Oft war er tagelang verschwunden, dann stand er plötzlich wieder vor der Tür. Den Kindern gab er immer ein paar Münzen, engeren Kontakt hatte er nur zur Mirl (Maria), der Mutter Franz Stelzhamers. Eines Tages wurde der Ähnl verständigt, dass Martin beim Müller in Pramet im Sterben liege und gerne heim nach Piesenham möchte. Jakob, ein Onkel des Dichters trug den Soldadnveder heim, wo er kurze Zeit später in den Armen seines Bruders starb. Der Ähnl beendet die Lebensgeschichte seines Bruders mit den Worten: „Und alls is eahm gscheha, was recht is, habn eahm gläut’ und bet’ und habn’ iazten vertrunka“.

 

Zu den beliebtesten Unterhaltungsmöglichkeiten zählten zur Zeit Franz Stelzhamers das Kegelscheiben, das im Winter durch das Eisschießen ersetzt wurde, der Landlertanz, das Kartenspiel, das Drahbrödlspiel und das Raufen. Landlertanz und Kegelscheiben hat Franz Stelzhamer selber auf einer kleinen Federzeichnung festgehalten, die das Titelmotiv der Ausstellung bildet. Sie zeigt den Tanzboden in einem Innviertler Wirtshaus. Vor dem Kachelofen stehend hat sich Franz Stelzhamer im Kreise der Musiker selber dargestellt. In der Bildmitte tummeln sich die Tanzpaare. Durch die offene Tür fällt der Blick auf die ungedeckte Altinnviertler Kegelbahn ohne Mittelladen.

Im Gedicht „Mein Müaderl“ werden sowohl das Kegelscheiben als auch das Tanzen als kostspielige Vergnügungen angesprochen:           „Dö Kögelstad grath,

Und wo s’ tanzn, daß `s staubt

Dö zwoa Plátz ham dá `s Geld

Schan dös mehrástá g’ raubt!“

Franz Stelzhamer war ein leidenschaftlicher Spieler und in jungen Jahren auch dem Tanz nicht abgeneigt. Er führt einige Vierzeiler an, mit denen die Zechburschen die Musikanten zu necken pflegten, wie z. B. „Spielleut, ös Schwanz,

Spielt’ s mar af meine Tanz,

Meine Tanz, geigt’ s mar af,

Aften zahl ich enk brav!“

Gegenüber der eintönigen Alltagskost, die vor allem aus (saurer) Suppe und Kraut bestand, stellt das in der „Ahnl“ beschriebene Hochzeitsmahl eine große Abwechslung dar: Nach der „gesattelten Suppe“ (Suppe mit Würstel) folgte für jeden ein großes Stück Fleisch – für die Männer mit scharfem Essigkren, für die Frauen mit Zwiebelsoße. Kraut und Kohlrabi blieben stehen, da diese Speisen nicht seltsam waren. Dann wurde Kalbfleisch aufgetragen: „Allweil noh besser kimt´s: schau, iazt bringen s´ drai Kaibel af oanmal. Aber schon z’ stückelt und z’hackt und schön safti keman s’ und braun bratn. ...“ Der Salat wurde für Männer sauer und für die Frauen süß zubereitet. Weiters trug man „Weinberlsuppe“, „Mandlbögen“ und „Brösltorte“ auf.

Das Alltagsgetränk der bäuerlichen Bevölkerung war Wasser, Alkohol wurde nur an Festtagen getrunken. Solange das Innviertel zu Bayern gehörte war das Bier das bevorzugte Getränk der Innviertler, nach 1779 drang der Most aus dem Hausruckviertel, dem Landl, ins Innviertel vor. Stelzhamer nennt ausdrücklich den aus nicht veredelten Äpfeln hergestellten „Holzäpfelmost“.

Die Werke Franz Stelzhamers enthalten eine Vielzahl von Informationen, die ein realistisches Bild des Alltagslebens vor 150 Jahren zeichnen.

Die Exponate stammen großteils aus dem Oö. Landesmuseum, aus dem Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oö. und aus dem Bestand des Volkskundehauses.