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25.06. - 19.09.1998 - Ried auf alten Ansichtskarten

Die Postkarte ist eine österreichische Erfindung. Nach einer Anregung des Professors für Nationalökonomie an der Maria-Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt, Dr. Emanuel Herrmann,

wurde die „Correspondenz-Karte“ mit eingedruckter Zwei-Kreuzer-Marke am 1. Oktober 1869 eingeführt. Ein Brief war damals mit vier Kreuzern zu frankieren. Schon 1885 gestattete das K.k.-Postministerium auch die Herausgabe von Korrespondenzkarten mit Bild - es ist dies das Geburtsjahr der österreichischen Bildpostkarte. Aber erst 1889, mit der Gründung der meisten Ansichtskartenfirmen, setzte der Boom der österreichischen Bildpostkarte richtig ein. Trotz der damals schon entwickelten Fotografie und trotz der Erfindung des Lichtdruckes ist in der ersten Zeit der Bildpostkarten eine starke Neigung zur traditionellen Technik der Lithographie zu erkennen. Die ersten Bildpostkarten (Correspondenz-Karten) sahen den Raum für Mitteilungen auf der Vorderseite mit der Illustration vor. Auf Anregung vieler Benutzer wurde auf dem 6. Weltpostkongreß in Rom im Juni 1906 beschlossen, die Rückseite für Anschrift und Grußbotschaft zu teilen. Die Blütezeit der Bildpostkarte lag zwischen 1898 und 1918. In dieser Zeit gab es viele Karten, die künstlerisch umgesetzt wurden und sich in der Hauptsache noch nicht auf photomechanische Herstellung beschränkten. Damals war Deutschland bei der Herstellung von Bildpostkarten führend - viele österreichische Karten wurden in Deutschland gefertigt.

Die Bildpostkarte weist auch einen hohen kulturgeschichtlichen Dokumentationswert auf. So kann man auf den Ansichtskarten fast lückenlos jede Veränderung im Rieder Stadtbild seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nachvollziehen. Nach dem Bau der Eisenbahnlinien Neumarkt - Braunau (1870) und Attnang - Schärding (1877) hatte sich die Stadt vor allem in südlicher Richtung ausgedehnt. Als überaus häufiges Bildmotiv findet sich einerseits die in dieser Zeit zur Prachtstraße ausgebaute Bahnhofstraße und andererseits die beiden Gründerzeitbauten das K.k. Staatsgymnasium und das K.k. Kreisgerichtsgebäude.

Auch längst vergessene Bezeichnungen wie etwa der „Holzplatz“, „Vorstadtgasse“ oder die „Stelzhamerstraße“ treten dem aufmerksamen Beschauer wieder ins Bewußtsein. Augenfällig ist auch die Vielfalt der Rieder Gastronomie in früherer Zeit. Wer weiß schon heute noch wo früher die Gasthöfe „zum wilden Mann“, „zum Stern“, „zur Krone“, „zum Erzherzog Albrecht“ oder „zum Erzherzog Eugen“ u.v.a. zu finden waren?

Die Hersteller von Karten ließen sich verschiedenste Besonderheiten einfallen: Leporello-Karten mit in eine Tasche eingearbeiteten ziehharmonikaartig ausdehnbaren Kleinbildserien, Prägekarten und solche bei denen der Nachteffekt eintritt wenn man sie gegen das Licht hält - Mond und Fenster von Gebäuden scheinen durch Folierung rötlich; der Blick auf den Rieder Hauptplatz aus einem Eisenbahnabteil oder aus den Wolken. Raffinierte Fotomontagen zeigen etwa den Zeppelin über Ried und den Sturz des Rieder Kirchturmes bei der Sturmkatastrophe am 4. Juli 1929. Besonders reich ist die Vielfalt auf den für heutige Begriffe fast etwas süßlichen Grußkarten: von „duftenden Grüßen aus Ried“ bis zu deftigen Trinksprüchen reicht hier die Palette.