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Herbert Dimmel (1894 - 1981) zum 100. Geburtstag

Vor hundert Jahren, genau am 31. August 1894, wurde in Ried im Innkreis der Maler, Graphiker und Kunsthandwerker Herbert Dimmel geboren. Anlaß genug, ihm eine Sonderausstellung im MUSEUM Innviertler Volkskundehaus zu widmen. Die Eltern, der Rieder Rechtsanwalt Dr. Viktor Dimmel und die aus Südtirol stammende Mutter Emma, geborene Oberhuber, waren als kunstverständig bekannt. Herbert Dimmel absolvierte Volksschule und Gymnasium in Ried. Bereits während der Schulzeit war es ihm wichtig, sich ausdrücken zu können, was auch ein wesentlicher Grund für seine spätere Hinwendung zur bildenen Kunst zu sein scheint. Ursprünglich tendierte er zur Naturwissen­schaft - er wollte Geologe werden und an Expeditionen teilnehmen. Die politischen Ereignisse wollten es aber anders. Nach der Matura aber ging er als Einjährig-Freiwilliger nach Südtirol zur Gebirgstruppe in den Dolomiten und mußte ein Jahr später ins Feld ziehen. An seinem 20. Geburtstag geriet er in der Nähe von Lemberg in russische Kriegsgefangenschaft und wurde in ein Lager nach Wladiwostok in Ostsibirien gebracht. Es kam ihm nun zugute, daß er ein durchtrainierter und bedürfnisloser Mensch war. Im Lager betätigte er sich zunächst als Wärter für Flecktyphuskranke und erlernte dann als Malergehilfe das Handwerk des Dekorationsmalers. Er begann schließlich, auch frei zu zeichnen, übte sich in Naturstudien und versuchte, alle Eindrücke so umzusetzen. Diese Tätigkeit half ihm wesentlich, die verzweifelte Situation zu bewältigen. Im Lager lernte er den Arzt Burkhard Breitner kennen, der Dramen verfaßte, für die Dimmel Bühnenbilder entwarf. Nach sechseinhalb Jahren gelang ihm schließlich die Rückkehr auf einem japanischen Schiff über Korea, Shanghai, Singapur durch den Suezkanal nach Triest. Die Heimkehr war ein völliger Neubeginn. Er mußte allerdings bald feststellen, daß die Zeit nicht stehen geblieben war und daß er ohne jede Ausbildung war. Für Herbert Dimmel stand aber fest, Maler zu werden. Eine schwere Zeit begann. Da der Vater sein Vermögen verloren hatte, konnte er seinem Sohn das Studium nicht finanzieren. 1921 ging Herbert Dimmel nach Wien. Die ersten Besuche in den Kunstmuseen verliefen für ihn enttäuschend, da er nach allem, was er erlebt hatte, die „höfische und hochgeschraubte Atmosphäre“ nicht ertragen konnte und mit dem traditionellen Schönheitsbegriff nicht zurecht kam. Viel wohler fühlte er sich dagegen im Naturhistorischen Museum, wo ihn besonders die Fisch- und Vogelskelette beeindruckten. Er schrieb sich an der Akademie der bildenden Künste in Wien ein, wo Prof. Ferdinand Andri (1871-1956) sein Lehrer wurde. Dimmels Frühwerke wiesen eine verblüffende Ähnlichkeit mit jenen Albin Egger Lienz’ auf, ohne daß er diese jemals gesehen hatte. Mit seinen Studenten führte Andri eine Art Bauhütte und übernahm Gestaltungsaufträge von Privathäusern und Sakralbauten, was seinen Schülern nicht nur die nötige Praxis verschuf, sondern wesentlich auch zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation beitrug. Diese Tätigkeit kam Dimmels Neigung zur großen Fläche und zum Pathos der monumentalen Figur sehr entgegen.

Dem Innviertel fühlte sich Dimmel sein Leben lang sehr verbunden. Hier trat er der 1923 gegründeten „Innviertler Künstlergilde“ bei und arbeitete besonders mit Prof. Wilhelm Dachauer, Aloys Wach und Louis Hofbauer zusammen. 1927 wurde Dimmel an der Akademie der bildenden Künste schließlich Assistent für Wand­malerei. Zahlreiche Auftragswerke in den folgenden Jahrzehnten beweisen die Fruchtbarkeit der Begegnung mit der Bauhüttengesinnung im Dienste der Architektur. Außer Fresken schuf Dimmel auch Sgrafitti und Mosaiken - diese gemahnen oft an den byzantinischen Stil - sowie Entwürfe für Glasfenster und Gobelins.

Die Not der dreißiger Jahre bewog Dimmel im Nationalsozialismus Zuflucht zu suchen. Der verstärkt einsetzenden Bautätigkeit in der NS-Zeit folgten mehrere Aufträge für Dimmel. 1939 erhielt Dimmel eine Professur an der Wiener Akademie. Im letzten Kriegsjahr wurde das Atelier Dimmels in Wien durch einen Bombentreffer beschädigt und geplündert. Nur wenige Werke aus der Kriegs- und Vorkriegszeit sind daher erhalten geblieben. Nach dem Krieg als Nationalsozialist aus der Akademie ausgeschieden zog er sich mit seiner Frau Margarete an seinen Geburtsort im Innviertel zurück.

1946 stellte Dimmel mit der Berufsvereinigung der bildenden Künstler in Linz aus, ein Jahr später wurde er mit der Meisterklasse für Malerei an der neugegründeten Linzer Kunstschule betraut. Diese Schule wurde von der Stadt Linz als Gegengewicht zur starken industriellen Entwicklung gegründet. Herbert Dimmel arbeitete an Aufbau und Konzept mit und 1949 betraute man ihn mit der Leitung dieser Institution. Nach zehn Jahren legte er diese Funktion allerdings zurück, um sich wieder verstärkt seinem eigenen Schaffen widmen zu können. Als Lehrer an der Linzer Kunsthochschule - er lehrte dort noch bis 1972 - hat er eine Basis für viele junge Talente im Land geschaffen. Auch in Linz und Oberösterreich erhielt Dimmel zahlreiche öffentliche Gestaltungsaufträge - als besonders gelungen bezeichnete Dimmel selber das Goldblattmosaik „Die Erweckung des Jairus“ im Linzer Kinderspital. Dennoch räumt Dimmel diesen Werken keinen besonderen Stellenwert in seinem Schaffen ein. Jene Arbeiten, die in Richtung Ausstattung gehen, bezeichnete Dimmel als handwerklich und dekorativ gut aber ohne bleibende künstlerische Bedeutung. In den malerischen Werken ist das Pathos der monumentalen Architekturmalerei längst einer organischen Bildverfeinerung gewichen, was schließlich zu einer Vertiefung und Vergeistigung des Werkes führte. In Dimmels Spätwerk, das von einem mystischen Symbolismus geprägt erscheint, standen Graphiken und Temperakompositionen im Vordergrund, wobei ihm die Sichtbarmachung organisch begründeter Dingverwandtschaften ebenso wichtig war, wie der Anspruch auf Zeitlosigkeit.